Wie ehrlich seid ihr zu anderen?

MissMary schrieb am 06.08.2023:Das stimmt! Was ich in dem Zusammenhang total spannend fand ... wir hatten eine (eigentlich supernette) Nachbarin, die aber alleinstehend und in Rente war und beim Quatschen kein Ende fand. Es war nun nicht so schlimm wie der "aktuelle" Fall, aber es führte schon dazu, dass andere Nachbarn z.B. nicht in den Garten gingen, wenn sie "ums Haus" war.

Das fiel ihr wohl eines Tages selbst auf und sie bat jemanden um eine aktuelle Rückmeldung, reflektierte das dann - und stellte sich ernsthaft dann immer einen Alarm in der Armbanduhr - acht Minuten - dabei achtete die penibel darauf, dass der Gesprächspartner davon mindestens vier redete. Das war echt süß ... und tatsächlich hatte sie wieder viel mehr Gespräche, da sie wirklich konsequent abbrach "Sie haben so viel zu tun ...".

Sie war mit fast 90 noch in der Lage, sich zu reflektieren. Das fehlt anderen Leuten komplett.

Interessant! Eine enge Freundin und ich verstehen uns so gut, sodass wir unsere Gespräche immer wieder beenden wollen, es aber fast nicht schaffen. Wir waren früher auch Nachbarn, aber jetzt nicht mehr. Da wir beide bei unseren Telefonaten und Treffen derart die Kontrolle über die Zeit verlieren, gibt es nicht mehr als ein langes Telefongespräch oder Treffen pro Monat. Wir achten auch immer darauf, dass beide gleich viel Redezeit haben. Wir sind da sehr offen miteinander.

Ehrlichkeit kann unbeliebt machen. Ich empfehle aus Lebenserfahrung ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Die Lüge ist, nach Ausssage meiner Frau, ein "pushup for reality".

Wahrheit kann ein scharfes Schwert sein, das geliebte Lügengespinnste zerfetzt - und den darin Lebenden unter Umständen gleich mit.

Möchte man einem fetten pickeligen Teeny-Girl, das sich mit einer Handbreit Make-Up zukleistert, mit dem Pushup die Titten hinter's Ohr klemmt und ihre Jeans auf Halbmast setzt, weil sie so hofft, in der Disco ihren Märchenprinzen aufzureissen, sagen:

"Hoffnungslos, so eine Wurstfigur wie Du kann höchstens noch im Blindenwohnheim etwas reissen!"

Oder wünscht man ihr einfach nur viel Erfolg.

Möchte man seinem Mitarbeiter sagen, dass man ihn auf die Abschussliste gesetzt hat und eigentlich nur auf die nächste Personalreduzierung wartet, um ihn in die Freiheit (der Arbeitslosigkeit) zu entlassen, weil er zu oft krank ist?

Möchte man seinem Kumpel sagen, dass man froh ist, dass er nur noch ein halbes Jahr hat, bevor er an Krebs krepiert, und dass man sich drauf freut, dann seine Witwe nach Strich und Faden durchzu... äh, ...trösten?

Wir sind daran gewöhnt, mit den "little white lies" zu leben. Überbordende Ehrlichkeit macht die Welt nicht automatisch zu einem besseren Ort.

@Doors
Mein Neffe und meine Nichte kommen mit allem, was sie angestellt hatten, zu mir, in der Hoffnung, die Eltern nicht einbeziehen zu müssen. Manchmal schaffen wir es, die Angelegenheit heimlich zu lösen, manchmal wenigstens die Hälfte zu verschweigen. Aber wenn die Eltern es erfahren, haben wir - auch ich - nur noch Stress rund um die Uhr. Im Grunde genommen müssten wir die Ambulanz vorher hinzuziehen, damit die Eltern Betreuung haben, wenn sie wieder was "Schlimmes" erfahren.

Wenn ich ehrlich bin, will ich nicht frieren, vorallem nicht das mein mann friert.

Ich würde Menschen ein aufs maul geben, wenn sie uns angreifen würden.
Und ich bin froh privat versichert zu sein und das sich mein Mann ein einzel Zimmer leisten konnte vor kurzum im Krankenhaus.

Gleichzeitig bedauer ich die Menschen die es nicht können. Und ich denke drüber nach wie es ist wenn wir etwas mehr links wäre wie Volker Pispers die beschreibt auch auf grund Amerikansiche verhältnisse, die ich hier nicht haben will.

Bin zwiegespalten.

Doors schrieb:Oder wünscht man ihr einfach nur viel Erfolg.

Bin Typ "ehrlich" und "pragmatisch", also:

Keine beleidigenden Aussagen ("Wurstfigur" - die hat keiner außer er steckt in einem entsprechenden Knackwurstkarnevalskostüm ;) ). Auch nicht einfach drüber (über die evl. nicht gut passende Kleidung, über die Schminke die wie zugekleistert aussieht anstatt vorhandene hübsche Merkmale zu unterstreichen) hinwegsehen und "viel Erfolg" wünschen. Sondern wenn man sich wenigstens ein bisschen kennt und sich ein wenig mit Mode auskennt (eigentlich nicht so mein Ding) mal Tipps geben was ihr besser stehen könnte, welche Kosmetik besser passt, welche BH-Größe (anscheinend im Teenageralter besonders oft mit Unsicherheiten behaftet, es verwundert ja auch nicht).
Wenn sie was ändern möchte: okay. Wenn sie sich genau so wohlfühlt: auch völlig okay.
(Bin der Meinung: niemand ist potthässlich, und auch umgekehrt, niemandem steht jede Art von Kleidung/ Aufmachung. Und auch: Geschmäcker sind unterschiedlich.)

Dann dürfte sich der Erfolg evl. auch schneller einstellen.

Umgekehrt:
Mir ist es auch lieber dass mich jemand auf etwas hinweist anstatt drüber wegzusehen, drüber wegzulächeln.
Ich muss mich nicht danach richten. Ich habe aber ggf. einen Ansatzpunkt und kann es mir dann immer noch überlegen.
Genauso ist es mir lieber ich weiß woran ich bin, als dass "auf Friede-Freude-Eierkuchen" gemacht wird und es dem Gegenüber irgendwann richtig heftig reicht.
(Beispiel:
Besuch (kein Date), man tut bei der Verabschiedung noch supernett und herzlich, mit Lächeln und Umarmung wird Vorfreude aufs nächste Treffen das auch als solches angekündigt wird generiert. Dann das was man heutzutage als "ghosten" bezeichnet. Nach zwei Nachfragen meinerseits wann man sich wieder trifft kommt ggf. noch eine ärgerliche Ansage.
Oder Gruppentreffen, z.B. Verein, Feierabendrunde, und nach dem ersten Treffen wird angeblich "eine Sommerpause gemacht". Jemand verplappert sich und es wird klar: die treffen sich jede Woche, jeden Monat, bloß ohne mich.
Man hätte mir auch sagen können was sie an mir gestört hat (zu wenig gemeinsame Themen, nicht lustig genug, zu wenig Blickkontakt, erst den Hund begrüßt... was auch immer). Man hätte ggf. das nochmal besprechen können, oder sich nicht mehr treffen. Völlig okay, niemand muss mich mögen.
Mir ist da Ehrlichkeit wesentlich lieber als obiges bei dem man sich ggf. erstmal noch Hoffnungen macht von denen man nicht weiß dass sie unberechtigt sind. Auch bei z.B. einem dem Anlass nicht entsprechenden Kleidungsstil, unpassender Formulierung im Bewerbungsscheiben, das Essen schmeckt dem Besuch nicht oder derjenige braucht sogar zwingend etwas anderes und so weiter: bitte darauf hinweisen. Wissentlich ignorieren ist nicht einen Gefallen tun sondern das Gegenteil. Und wenn man mich darauf hinweist habe ich die Chance spätestens beim nächsten Mal etwas zu ändern. Ruhig sagen z.B. dass das Essen zu scharf ist, anstatt dass man schon satt sei.)

@Raspelbeere
Mir ist es auch lieber, wenn man offen reden kann, solange mir nicht alles im Munde verdreht wird oder mir negative Motive unterstellt werden.

Laura_Maelle schrieb:Mir ist es auch lieber, wenn man offen reden kann, solange mir nicht alles im Munde verdreht wird oder mir negative Motive unterstellt werden.

Exakt das - und wenn letzteres passiert ist das eben kein offen über etwas reden können, da die andere Person eben nicht dazu in der Lage ist. Kann man offen miteinander reden sollte man auch für Kritik (hast man evl. etwas falsch verstanden etc.) offen sein.

(Hatte (auch) vor einiger Zeit mit jemandem zu tun der sich so verhielt. Erst ging ich bei vielen noch von einem Versehen, etwas falsch erinnert haben, etwas falsch verstanden aus. Mit der Zeit wurde es aber auffälliger, insbesondere da Dinge unterstellt wurden die im Gesamtkontext schon extrem unwahrscheinlich gewesen wären, für die es rein sachlich viele Gegen-Indizien gab und die ferner auch keine andere Person die mich näher kannte bestätigen konnte - weil sie eben nicht stimmten.)

Raspelbeere schrieb:Umgekehrt:

Zu viel Ehrlichkeit kann aber auch sehr schnell ins Gegenteil schlagen. Nicht jeder versteht diese Ehrlichkeit als Hilfestellung, sondern als Angriff auf seine Person.

Hab auch schon meine Erfahrungen damit gesammelt, bin auch ein Mensch der klaren Worte. Der eine nimmt es klar und sachlich auf, der andere ist verletzt, macht einen Abgang. So ist das Leben!

Mein Fazit: Menschen 2. Falls auf keinen Fall mehr auch nur ansatzweise mit irgendetwas konfrontieren, im Gegenteil, meiden! Die Zeit ist/war zu kostbar, hätte ich mit durchaus schöneren, wertvolleren Sachen verbringen können. Jeder muss sich alleine durchboxen.
Über die Ignoranz anderer Menschen sehe ich heute viel gelassener hinweg, ich will sogar, dass ich vergessen werde, so fühle ich mich auch zu Nichts verpflichtet.

Do-X schrieb:Zu viel Ehrlichkeit kann aber auch sehr schnell ins Gegenteil schlagen. Nicht jeder versteht diese Ehrlichkeit als Hilfestellung, sondern als Angriff auf seine Person.

Hab auch schon meine Erfahrungen damit gesammelt, bin auch ein Mensch der klaren Worte. Der eine nimmt es klar und sachlich auf, der andere ist verletzt, macht einen Abgang. So ist das Leben!

Mein Fazit: Menschen 2. Falls auf keinen Fall mehr auch nur ansatzweise mit irgendetwas konfrontieren, im Gegenteil, meiden!

Ja, das erlebe ich auch, wenn ich jemandem ehrlich helfen will, aber eben nicht, indem ich ihm nur beipflichte in allem, obwohl ich weiß, dass es eine Möglichkeit gibt, sich besser zu fühlen und vieles eine Sache der Perspektive ist. Und das sage ich nicht aus einer Warte des sorgenlosen Lebens, sondern weil ich eben auch so viel Leid durchgemach habe und lernen musste, damit umzugehen.

In meiner Familie wechsle ich halt ab, konfrontiere zwischendurch mit der Wahrheit, dann beschwichtige ich wieder.

Doors schrieb am 15.08.2023:Ehrlichkeit kann unbeliebt machen. Ich empfehle aus Lebenserfahrung ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Die Lüge ist, nach Ausssage meiner Frau, ein "pushup for reality".

Nun man ist ja nicht auf der Welt um sich beliebt zu machen. Mein Motto lautet vertrage die Wahrheit oder Frage erst gar nicht. Ist nicht meine Sache hinterher Händchen zu halten.

Mir ist es persönlich sehr wichtig ehrlich zu sein...

Ich selbst wurde schon oft angelogen und musste es dann leider über andere erfahren oder habe es selbst dann herausgefunden...

Das hat mich so verletzt, dass ich das keinem wünsche...und bin aus dem Grund lieber ehrlich, auch wenn dabei vielleicht die Person von mir oder der Situation verletzt bzw. enttäuscht ist...ich dabei was zu verlieren habe.

So wissen beide woran sie sind...und ich bin die Last los und eventuell lässt sich etwas klären was schon auf längerer Zeit im argen lag.

Ich kann ( leider) nicht anders als ehrlich sein. Manchmal kann es verletzend rüber kommen, es ist allerdings nicht so, dass ich es darauf anlege, es kommt immer auch drauf an, wie der Mensch drauf ist. Eins kann ich nicht, wenn ich z.b früher jmd ein Korb erteilen musste, habe ich nie blöde Ausreden, "ich bin nicht bereit für eine Beziehung" verwendet, z.b sondern habe direkt den wahren Grund genannt, erwarte ich aber auch von meinem Gegenüber, dumme Ausreden kann man sich sparen.

@LiliXy

So habe ich es auch immer gehalten. Direkt ins Gesicht: "Nee, Mädel, Du bist mir zu hässlich, zu doof, zu arm, zu dick!" - oder was auch immer zutraf. Dann gab's noch ein Papiertaschentuch für die Tränen und gut war's.

Ich würde mal behaupten es ist abhängig von der Situation und der Beziehung zur Person und den etwaigen Konsequenzen.
Manchmal ist Ehrlichkeit nicht unbedingt nötig, es sei denn es ist einem sehr wichtig. Dann muss man aber auch mit den Konsequenzen umgehen können. Bereuen kann man immer im Nachhinein.

Doors schrieb:So habe ich es auch immer gehalten. Direkt ins Gesicht: "Nee, Mädel, Du bist mir zu hässlich, zu doof, zu arm, zu dick!" - oder was auch immer zutraf. Dann gab's noch ein Papiertaschentuch für die Tränen und gut war's.

Und wie war es denn im umgekehrten Falle? :D

Laura_Maelle schrieb:Und wie war es denn im umgekehrten Falle? :D

Das ist mir auch öfters passiert - allerdings kam ich da ohne Taschentuch aus. Mal verliert man - mal gewinnen die anderen. So ist das Leben eben. Wem das nicht gefällt, der muss es dann vielleicht besser verlassen.

@Doors

Doors schrieb:Das ist mir auch öfters passiert - allerdings kam ich da ohne Taschentuch aus. Mal verliert man - mal gewinnen die anderen. So ist das Leben eben. Wem das nicht gefällt, der muss es dann vielleicht besser verlassen.

So ist es. Ich hatte nie ein Problem ein Korb zu kassieren oder eine Kritik zu enthalten. Das Leben ist nun mal so, ich glaube sowieso daran, wenn man sich beim ersten Date nicht symphatisch ist oder es aus irgendwelchen Gründen nicht passt, das man dann es nicht versuchen sollte. Ist nur meine Meinung

Wenn ich jemandem einen Korb gebe, sage ich es möglichst schonungsvoll. Wenn er dann nicht ablässt, werde ich deutlicher. Ich achte dabei aber vor allem auf Unterschiede in den Persönlichkeiten, damit einhergehende Unverträglichkeiten und dergleichen, mache es also nicht gleich so spezifisch am Äußeren fest.

Wer mich nach meiner Meinung fragt, dem werde ich sie sagen. Doch ich gehe damit nicht ständig hausieren, drück sie nicht ständig anderen auf die Augen,"nur" um ehrlich zu sein.
Oftmals denke ich mir auch einfach nur meinen Teil und wie ich zu bestimmten Themen und Menschen stehe, wird man meist aufgrund meines Verhaltens auch erkennen können, da braucht es dann keiner Worte.

DieSukkulente schrieb:Mir ist es persönlich sehr wichtig ehrlich zu sein...

mir auch!

LiliXy schrieb:Ich kann ( leider) nicht anders als ehrlich sein. Manchmal kann es verletzend rüber kommen, es ist allerdings nicht so, dass ich es darauf anlege, es kommt immer auch drauf an, wie der Mensch drauf ist.

Das "leider" lösche bitte raus 😎

Mit wenigen Ausnahmen bin ich auch sehr direkt und ehrlich.

Nicht ehrlich bin ich nur dort, wo die Wahrheit meinen Kids oder mir großen Schaden bringen würde (bei meiner Erwerbstätigkeit, in der Schule der Kids,...)

Liebe @MissMary , Du würdest es vermutlich auch nicht wollen, wenn jemand ausschließlich höflichkeitshalber den Kontakt mit Dir aufrecht hält.

Ja, diese Person ist arm, weil sie nirgends Anschluss findet. Ihr muss aber klar werden, dass es an ihrem Verhalten und ihrer Art liegt - daran kann nur sie arbeiten (wenn nötig mit professioneller Hilfe)
Das wird sie nur erkennen, wenn sie noch tiefer fällt bis ihre Verzweiflung unerträglich ist. So lange Du Dich mit ihr abgibst, sieht sie keinen Grund, etwas an ihr zu ändern.

Ja, @MissMary , Du hilfst ihr sogar, wenn Du den Kontakt total abbrichst, denn nur so erkennt sie, dass sie an sich arbeiten muss.
Das ist die brutale Wahrheit.

Du brauchst vor Deinem Dorf keine Angst haben. Egal wie klein ein Kaff ist, Deine Freunde werden Dich trotzdem mögen.
Wenn Dich jemand dafür verurteilen oder sich von Dir zurückziehen sollte, ist diese Person für Dich eh nichts wert.

Ich gehe schon immer meinen direkten, geradlinigen, brutalen Weg und mache mich deshalb oft unbeliebt. Es bleiben aber immer noch mehr als genug Menschen übrig, die mich mögen, wie ich bin - bei Dir ist es genau so 😎