Klaasohm - Brauchtum oder Gewalt gegen Frauen?

CharliesEngel schrieb:Im öffentlichen Raum.
Was bei den Hausbesuchen passiert, wenn ein Klaasohm-Team in Privatwohnungen und -häuser eingeladen wird, bleibt unbekannt, "privat". Diese black box bleibt, leider.

Wäre ja auch noch schöner, wenn im privaten Raum der moralische Kompass auch noch eingreifen würde. Die Mädels wissen ja wie der Brauch abläuft und da sich anscheinend einige Frauen diesbezüglich nicht daran stören (siehe Demo für den Erhalt des Brauchs), hat da auch niemand was zu entscheiden, sollte das im privaten Umfeld so weitergeführt werden.

CosmicQueen schrieb:Wäre ja auch noch schöner, wenn im privaten Raum der moralische Kompass auch noch eingreifen würde. Die Mädels wissen ja wie der Brauch abläuft und da sich anscheinend einige Frauen diesbezüglich nicht daran stören (siehe Demo für den Erhalt des Brauchs), hat da auch niemand was zu entscheiden, sollte das im privaten Umfeld so weitergeführt werden.

Der private Raum ist kein rechtsfreier Raum.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt überall, auch im Elternhaus und Jugendzimmer.

Die Frauen demonstrierten für den Erhalt des Brauches, in welcher Form konnte ich den Transparenten nicht entnehmen, sah auch kein Transparent mit "Klaasohm-Schläge für unsere Teenagerinnen: ja, weiter so!"

CharliesEngel schrieb:Der private Raum ist kein rechtsfreier Raum.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt überall, auch im Elternhaus und Jugendzimmer.

Du schriebst von einer "Einladung" im eigenen Haus, da kann man erwarten dass dies dann auch so gewollt ist, da hast du dich nicht einzumischen!

CharliesEngel schrieb:Die Frauen demonstrierten für den Erhalt des Brauches, in welcher Form konnte ich den Transparenten nicht entnehmen, sah auch kein Transparent mit "Klaasohm-Schläge für unsere Teenagerinnen: ja, weiter so!"

Die Frauen haben sich für den Erhalt des Brauches ausgesprochen, auf den Plakaten stand nicht "Stoppt das Schlagen". So viel dazu...

CosmicQueen schrieb:Du schriebst von einer "Einladung" im eigenen Haus, da kann man erwarten dass dies dann auch so gewollt ist, da hast du dich nicht einzumischen!

Diese "Einladungen" des Klaasohm-Teams bestehen ja tatsächlich weiter, irgendwie wurde das von den Medien übersehen.

Die Teenagerin der einladenden Familie sollte ihre Rechte kennen, keiner darf über ihren Körper bestimmten, weder die Eltern, auch nicht von den Eltern eingeladene Menschen. Die Teenagerin befindet sich da in einer zweifachen Drucksituation, dem Druck der Inselgesellschaft und dem familiären Druck. Das ist schlicht infam.

Aber es soll ja seit letztem Jahr eine Notfall-Telefonnummer geben, daran könnte sich die Teenagerin wenden oder sich verstecken oder den Tag bei Menschen verbringen, die sie gerne beschützen, wenn es die eigene Familie nicht macht.

Aniara schrieb:Was hat der Brauch mit Touristen zu tun?

Die Insel lebt vom Tourismus. Touristen könnten von "barbarischen Bräuchen" abgeschreckt werden. Die würden dann ihr Geld woanders ausgeben.

nairobi schrieb:Die Insel lebt vom Tourismus. Touristen könnten von "barbarischen Bräuchen" abgeschreckt werden. Die würden dann ihr Geld woanders ausgeben.

Halte ich für unrealistisch. Es gibt viele Reiseziele weltweit, die nicht perfekt sind und trotzdem werden sie von Touristen besucht. Perfekte Bedingungen gibt es ohnehin kaum irgendwo.

Star-Ocean schrieb:Halte ich für unrealistisch.

Wenn ich mich recht entsinne, war das ein Einheimischer, der etwas in der Richtung sagte, dass man das möglichst die Touristen nicht so mitbekommen lässt, weil man sie nicht verschrecken wolle.

Star-Ocean schrieb:Halte ich für unrealistisch.

Ich kann es nicht beurteilen. Aber mein persönliches Gefühl, als ich zum ersten Mal von der Sache hörte war, dass ich auf so eine Insel nicht fahren möchte.

nairobi schrieb:Die Insel lebt vom Tourismus. Touristen könnten von "barbarischen Bräuchen" abgeschreckt werden. Die würden dann ihr Geld woanders ausgeben.

Hast du dich mit dem Brauchtum beschäftigt? Da werden Touristen explizit nicht mit einbezogen.

Groucho schrieb:Wenn ich mich recht entsinne, war das ein Einheimischer, der etwas in der Richtung sagtedass man das möglichst die Touristen nicht so mitbekommen lässt, weil man sie nicht verschrecken wolle.

Das war ein einziger Tag im Jahr und das nicht erst seit gestern. Offenbar hat es bisher niemanden abgeschreckt. Wenn jetzt plötzlich bestimmte Touristen nicht mehr kommen, liegt das wohl eher an der medialen Berichterstattung. Aber auch egal, denn die Hotelplätze werden sicher von anderen Gästen belegt, die sich über günstigere Übernachtungspreise freuen. Wobei ich ohnehin nicht glaube, dass es so weit kommen wird, dass der Tourismus dadurch in irgendeiner Weise merklich einbricht.

Aniara schrieb:Da werden Touristen explizit nicht mit einbezogen.

Mich hätte es trotzdem gestört, dass da so abstoßende Dinge geschehen.
Jetzt, wo es besser ist, ist meine Meinung anders/besser geworden.

@nairobi
Kannst du dir bitte nochmal die Beiträge durchlesen. Du bist gerade etwas auf dem "Holzweg"...

@Aniara

Ich habe mein persönliches Gefühl zu der Geschichte geschrieben. Verstehst Du?

Star-Ocean schrieb:Das war ein einziger Tag im Jahr und das nicht erst seit gestern. Offenbar hat es bisher niemanden abgeschreckt. Wenn jetzt plötzlich bestimmte Touristen nicht mehr kommen, liegt das wohl eher an der medialen Berichterstattung. Aber auch egal, denn die Hotelplätze werden sicher von anderen Gästen belegt, die sich über günstigere Übernachtungspreise freuen.

Oder Touristen, die wie hier einige im Thread, meinen, wo ist bei diesen Schlägen eigentlich das Problem. Eine Verstärkung der kulturellen sozialen Verirrung der Inselleute als Folge, denn die Kritiker:innen wählen dann eine andere Nordseeinsel, so einzigartig ist Borkum nun nicht.

Manche Inselbewohner:innen, manche Bewohner:innen eines Alpentals "wachsen" mit der Bildung, der Modernität, die durch den (urbanen) Tourismus auf die Insel, in das Alpental eingetragen wird. In Borkum war das wohl nie der Fall, siehe das Thema Antisemitismus im Tourismus.

Beitrag von CharliesEngel (Seite 19)

Vier Monate nach der Berichterstattung von STRG_F und Panorama ist das NDR-Medienformat ZAPP nach Borkum gereist Um zu schauen wie es den Borkumer ergangen ist.

Viele Borkumer sehen sich und ihre Klaasohm Tradition falsch dargestellt, bis heute.

Doch viele Inselbewohnerinnen und -bewohner wehren sich bis heute gegen Teile der Berichterstattung. Sie sehen sich und ihre Tradition falsch dargestellt. Den Medien gegenüber begegnen viele mit großer Skepsis - auch aus Angst vor Hetze und neuen Shitstorms.

Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Klaasohm-auf-Borkum-Was-sich-nach-der-Kritik-veraendert-hat,zapp14762.html

Die stellvertretende Bürgermeisterin von Borkum sah sich heftigen Vorwürfen gegenüber. Man unterstellte ihr Vergewaltigungen zu zu stimmen und sprach von Inzucht.

"Es wurde mir vorgeworfen, dass ich Vergewaltigung zustimmen würde, dass ich ein Inzucht-Ergebnis der Insel bin"

"Es wurde ausgesprochen, man müsste die Insel wegbomben, man müsste Euch anzünden. Das hat mich tief getroffen, weil die Insel so viele gute Seiten hat."

Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Klaasohm-auf-Borkum-Was-sich-nach-der-Kritik-veraendert-hat,zapp14762.html

Auch die betroffenen Frauen erlebten Anfeindungen.

"Meine Erfahrungen wurden ins Lächerliche gezogen, und mir wurde geschrieben, dass man mir das nicht verzeihen würde"

Andererseits sei sie froh darüber, dass endlich öffentlich darüber gesprochen wird, “dass der 'Klaasohm' auch wirklich zuschlägt."

Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Klaasohm-auf-Borkum-Was-sich-nach-der-Kritik-veraendert-hat,zapp14762.html

Der Vorsitzende des Borkumer Jungens-Vereins Maximilian Rau gibt an, den Brauch des Schlagens schon lange als abgeschafft gehört, wollte ein Verbot aber nicht an die große Glocke hängen. Das Fest soll/sollte keine Touristenattraktion werden.

Eine weitere betroffene Frau beklagt bis heute keine Anerkennung ihrer Sichtweise gibt. Bis heute bekomme sie kein Verständnis.

"Wenn man mal etwas sagt, dann wird gesagt: Stell dich nicht so an, das ist nicht so schlimm", schildert eine weitere anonyme Zeugin gegenüber ZAPP. Es werde alles heruntergespielt, und so lerne man, dass man darüber nicht spricht.

Eine unpopuläre Meinung zu vertreten, könne riskant sein, wenn man Teil der Inselgemeinschaft bleiben will, das hören die ZAPP-Reporterinnen immer wieder.

Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Klaasohm-auf-Borkum-Was-sich-nach-der-Kritik-veraendert-hat,zapp14762.html

Liest sich jetzt für mich nicht wirklich so, als ob man draus gelernt hat und das Klaasohm Fest reflektiert wurde...

Teegarden schrieb:Liest sich jetzt für mich nicht wirklich so, als ob man draus gelernt hat und das Klaasohm Fest reflektiert wurde...

Die Frage ist, welcher Lernfaktor sollte denn stattgefunden haben? Nur durch eine mediale Berichterstattung und die dadurch entstandene Empörung fiel denen sicherlich nicht wie Schuppen von den Augen, das da was falsch läuft. Wenn es vorher keine Einsicht gab, wird sie dadurch auch nicht zwangsläufig kommen.

DerThorag schrieb:Die Frage ist, welcher Lernfaktor sollte denn stattgefunden haben?

Selbst wenn sich der LF reduziert auf "Scheiße, es gibt Touristen, die jetzt die Insel meiden, weil sie derart menschenunwürdigen Quark nicht unterstützen wollen. Es geht uns an den (Geld)Beutel". Selbst dann, wenn es nicht reicht, um zu erkennen, dass das rituelle Schlagen von Frauen einfach Banane ist, scheint es einen LF gegeben zu haben.
Ob sich dann hinter verschlossenen Türen Frauen treffen, die geschlagen werden wollen und Männer, die so etwas genießen, ist mir letztendlich wumpe. Domina und Domini gibt es ja auch außerhalb von Borkum und nicht zwingend muss bei solchen Veranstaltungen Geld fließen.

DerThorag schrieb:Die Frage ist, welcher Lernfaktor sollte denn stattgefunden haben? Nur durch eine mediale Berichterstattung und die dadurch entstandene Empörung fiel denen sicherlich nicht wie Schuppen von den Augen, das da was falsch läuft. Wenn es vorher keine Einsicht gab, wird sie dadurch auch nicht zwangsläufig kommen.

Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht oder hat die sogenannte "Betriebsblindheit". Natürlich gibt es auch Menschen, bei denen es nicht hilft sie mit der Nase auf das Problem zu stoßen.

Das sehe ich hier ähnlich. Es wurde immer gemacht, also bleibt es so und ist auch richtig.
Im Nachgang zu sagen, naja wir wollten es ändern, haben es aber nicht gemacht, weil wir nichts an die große Glocke hängen wollten und keine Touristenveranstaltung liest sich für mich nicht gerade ehrlich. Da wurde gehandelt, weil man aufgrund der Berichterstattung handeln musste. Nicht weil es nicht richtig war.

Dem Fremdenverkehr wird es zuträglich sein beim nächsten Fest.
Da wird so mancher sensationsgierige Tourist, der sich vor Ort von den Geschehnissen ein Bild machen möchte, buchen.
Besser eine schlechte Werbung, als keine Werbung.

Teegarden schrieb:Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht oder hat die sogenannte "Betriebsblindheit". Natürlich gibt es auch Menschen, bei denen es nicht hilft sie mit der Nase auf das Problem zu stoßen.

Das sehe ich hier ähnlich. Es wurde immer gemacht, also bleibt es so und ist auch richtig.
Im Nachgang zu sagen, naja wir wollten es ändern, haben es aber nicht gemacht, weil wir nichts an die große Glocke hängen wollten und keine Touristenveranstaltung liest sich für mich nicht gerade ehrlich. Da wurde gehandelt, weil man aufgrund der Berichterstattung handeln musste. Nicht weil es nicht richtig war.

Das ist auch irgendwo normal. Es war ja jetzt kein einmaliges Event, sondern wird da schon recht lang praktiziert und ist ein Teil der Kultur, so seltsam es auch für Außenstehende ist.

Sowas wächst dann auch eher mit den Generationen wieder raus, anstatt innerhalb eines Jahres.