ayasHi schrieb:Aber es ist schon ein Unterschied ob ich mit jemandem feiere oder an einem Empfang teilnehme. Merkste selbst, oder? Es wird halt seitens der Presse gern übertrieben.
Oke, dann halten wir halt fest, dass wir das unterschiedlich sehen.
Ich sehe nicht, dass die Presse quer durch die Bank übertrieben hat. Auch nicht, wenn sie die vielfachen Stimmen sammelt. Hier auch noch die Zeit
Schröder feiert mit SED- und AfD-Politikern in russischer Botschaft
"Völlig unangemessen": Mehrere Politiker stehen in der Kritik, weil sie an einem russischen Empfang teilgenommen haben. Unter den Gästen war auch Gerhard Schröder.
Quelle:
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-05/gerhard-schroeder-russische-botschaft-afd-sedUnd noch eine Stimme.
Teilnahme an russischer Feier
Klitschko über Schröder: "Ich empfinde das nur noch als ekelhaft"
Gerhard Schröder feierte den "Tag des Sieges" in der russischen Botschaft in Berlin – zusammen mit AfD und Linken. Die Entrüstung über die Teilnahme ist groß.
Quelle:
https://www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100173958/gerhard-schroeder-wladimir-klitschko-ich-empfinde-das-nur-noch-als-ekelhaft-.htmlIch sehe, dass die Absage aller westlichen Botschafter auch eine Botschaft und Absage war, an eine Propaganda-Veranstaltung.
Von einem verurteilten DDR-Verbrecher und mittlerweile möglicherweise senilen Egon Krenz erwarte ich nicht unbedingt, dass er nicht gemerkt hat, dass Putin nicht nur in die 80er (also vor Glasnost und Perestrojka) zurück will, sondern noch viel weiter zurück. Dazu auch Historiker Karl Schlögel in einem (in Gänze) lesenswerten Interview.
Was ist Putinismus?
Das ist ein Synkretismus aus orthodoxer Kirche, Stalinkult, völkischer Rhetorik, dem Mythos des Großen Vaterländischen Krieges, antiwestlichem Ressentiment und postmodernem Relativismus. Dazu gehört der berühmte nackte Oberkörper, der Judoka, der durch die goldenen Portale des Kremls schreitet, die Inszenierung von Omnipräsenz im Staatsfernsehen, die zynische Nonchalance, während der Bombardierung der Ukraine Krankenhäuser zu besichtigen und sich mit den Ärzten über Probleme des Gesundheitswesens zu unterhalten…
Quelle:
https://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/ukraine/6228725/Interview_Putinismus-Das-ist-voelkische-antiwestliche-RhetorikUnd Nachhilfe zu Putins Umschreibung des 9. Mai gibt auch die Bundeszentrale für politische Bildung.
Der von ihm etablierte Kult des Krieges täuscht nur vor, an den Krieg erinnern zu wollen. Tatsächlich eröffnet die Fixierung auf 1945 einen Ausstieg aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Hinter der Fassade des immer wieder beschworenen großen Sieges verschwinden die Tragik und die Verbrechen eines ganzen Zeitalters: Die Revolution und der Bürgerkrieg, die Kollektivierung und der Große Terror, die Opfer und die Täter verschwinden hinter der Fassade eines Siegeskultes, der die dunklen Seiten der Vergangenheit überdecken soll. Die unter Putin reaktivierte Weltkriegslosung "nach Berlin!" implizierte außerdem stets die Drohung, dass Russland mit dem Kriegsführen noch lange nicht fertig sei. Unter Putin trat neben der Verherrlichung des Krieges die Idee seiner Fortsetzung, um eine 1945 gewonnene und 1991 verlorene Größe wiederherzustellen. Das zeigte sich beispielsweise auch in Putins Essay zur ukrainischen Geschichte, der im Sommer 2021 erschien und in dem er rhetorisch den Angriffskrieg vorbereite. Zur Auflösung der Fußnote[2] Putin bezeichnet hier Russland und die Ukraine als eine organische Einheit, die durch den Einfluss des Westens verloren gegangen sei, und die es auch mit militärischen Mitteln wiederherzustellen gelte.
Seit der großen Parade am 9. Mai 2015 dient der "Tag des Sieges" auch zur Legitimation des Krieges gegen die Ukraine. Die pauschale Behauptung, in Kiew regierten Nazis, rechtfertigte den Angriff von 2014 und wurde im Februar 2022 wiederholt, als die russischen Streitkräfte die gesamte Ukraine angriffen. So verschwand die historische Erinnerung fast vollständig hinter der politischen Instrumentalisierung für das neoimperiale Projekt der russischen Führung. Der Tag des Sieges ist zu einer Legitimationsfeier für Wladimir Putin und sein Regime geworden. Eine differenzierte Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg hat der russische Staat dagegen mit verschiedenen Gesetzen kriminalisiert.
Quelle:
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/508049/die-bedeutung-des-9-mai-in-der-udssr-und-in-russland/Da ist es legitim, so eine Teilnahme an dieser Veranstaltung als völlig unangemessen zu sehen. Und von einem Ex-Bundeskanzler etwas mehr Ein- und Durchblick zu erwarten. Die Stimmen dazu finden sich in den zitierten Berichten. Ok, der Regierungssprecher Steffen Hebestreit sah keinen Anlass, dies zu kommentieren. Aber viele andere, von Katja Mast zu Christian Dürr und noch einige mehr, dann schon. Und ich sehe nicht, dass die alle nur übertrieben hätten.