Kephalopyr schrieb:Und das ist ja nicht korrekt, oder?
Sobald ich die Zeitdimension als Raumdimension darstelle - und das geht ja - "stimmt" es geradezu. Nur ist mit dieser gedanklichen Vertauschung nicht belegt, daß die vierdimensionale Raumzeit "tatsächlich" aus vier Raumdimensionen und Null Zeit besteht. Die Möglichkeit hingegen besteht, bzw. bin jedenfalls ich nicht in der Lage, dies zu entkräften.
Ich kann also nicht sagen "das ist nicht korrekt", ich kann nur sagen, daß das damit auch nicht belegt (korrekt) ist, nicht mal nahegelegt. Schließlich kann ich auch eine Grafik für die Entwicklung unseres Universums entwerfen, bei der die X-Gerade rechts der Null den Zeitstrahl vom Urknall an darstellt und die Y-Gerade für die Temperatur des Universums steht. Ergibt auch was. Doch deswegen ist die Zeit noch lange nicht die zweite Dimension der Temperatur, und Temperatur verändert sich ja gar nicht, wie man sieht, sondern ist ein statischer Block.
Noumenon schrieb:Je gebildeter und aufgeklärter ein Mensch ist, desto weniger wird er dazu neigen, seine Ziele mit Hilfe von Gewalt erreichen bzw. Probleme mit Hilfe von roher Gewalt lösen zu wollen.
Kennst Du das nicht nur als zahlreich kolportierte These, sondern als zahlreiche belastbare Metastudien?
Denn als Aufklärungsmärchen spukt das ja seit ein paar Jahrhunderten quer durch zahlreiche Köpfe und Verlautbarungen. Ich sag immer und immer wieder: das zwanzigste Jahrhundert war nicht nur das gebildetste, aufgeklärteste, sondern auch das (absolut wie in Relation zur Bevölkerungsgröße) gewalttätigste. Hatte ich auch in der hiesigen aktuellen Diskussion angeführt, wurde nur nicht drauf eingegangen. Und nein, Dein jetziges
Noumenon schrieb:perttivalkonen schrieb am 27.04.2025:
Bessere Lebensbedingungen und Bildung haben quer durch alle Jahrhunderte nicht zu einer friedlicheren Menschheit geführt - wenn ich mir mal so das 20.Jh. anschaue.
Doch, haben sie. Und sowieso sprechen wir hier über einen Trend, der nicht durch statistische Ausreißer widerlegt wird.
ist erstens nur ne Behauptung, kein Aufweis, und zweitens ist es schon ziemlich bösartig, nicht ein einzelnes, zeitlich eng begrenztes Ereignis, sondern ein ganzes Jahrhundert voller Völkermord, Weltkrieg, Staatsterror, Verfolgung usw. als "Ausreißer" zu bezeichnen. Ich nenn die über so viele Jahrzehnte währenden, nicht auf eine Region oder wenigstens einen Kontinent beschränkten Grausamkeiten in wahlweise Wiederholung oder Dauerschleife nicht Ausreißer, sondern symptomatisch. Schau Dir nur die ach so tolle Aufklärung an: in Frankreich wurden deren Ideale zum ersten Mal Realität. Und was passierte? La Grande Terreur brachte in weniger als zwei Jahren hunderttausende Menschen in Frankreich um. Pro Monat starben da mindestens so viele Menschen wie im Dreißigjährigen Krieg pro Monat, der allerdings eine größere Fläche und Bevölkerungszahl betraf. Pestopfer mitgerechnet! Das, Noumenon, ist Deine ach so gewaltmindernde Aufklärung.
Aber wem erzähl ich das. Schließlich hatten wir diese Diskussion schon mal vor nicht mal zwei Jahren. In genau diesem Thread hier. Da hatte ich auch mal ein paar Details zur Terreur gebracht.
Beitrag von perttivalkonen (Seite 965) Bist sogar drauf eingegangen.
Beitrag von Noumenon (Seite 966) Aber irgendwie scheint ja alles wieder weg zu sein, Aufklärung ist wieder gewaltmindernd und sicher auch nur ein Ausrutscher wie ein ganzes Jahrhundert. Schade.
Noumenon schrieb:Historische Daten zeigen bspw. einen deutlichen Rückgang der Mordraten in Europa seit dem Mittelalter.
Ja. Seit dieser einen Studie von Manuel Eisner von 2003 wird dies ständig so weitererzählt. Daß es damals ab 1300 überhaupt keine belastbare längerfristige und überregionale Erfassung von Mordfällen gab wie heute, die anekdotischen Quellen (wie aus Oxford) also mal mit ner gehörigen Portion an Unsicherheiten hochextrapoliert sind - bin ich der einzige, der da unschön an die neun Millionen Hexenopfer erinnert wird, welche Gottfried Christian Voigt aus frühneuzeitlichen Prozeßakten zweier Städte heraus für ganz Europa und das ganze Mittelalter hochextrapoliert hat? Diese um mehrere Größenordnungen falsche Legende wird heute noch von simplen Gemütern für bare Münze gehalten!
Selbst heutige statistische Morfdallerfassung ist so gesichert nicht, wie man denken könnte. So berichtet Statista in "
Anzahl der polizeilich erfassten vollendeten Morde in Deutschland von 2014 bis 2024" z.B. von 281 Morden für das Jahr 2015, aber unter
https://www.kriminalpolizei.de/themen/kriminalitaet/detailansicht-kriminalitaet/artikel/morde-1950-bis-2015.html heißt es (auf der zweiten Seite)
In 2015 gibt es noch 565 Fälle von vollendetem Mord und Totschlag in Deutschland.
Jepp, denn wir unterscheiden viel stärker als früher zwischen Mord und Totschlag (auch wenn letzterer Straftatbestand damals nicht unbekannt war). Aber das sind nicht die einzigen Unsicherheiten. So nennt Statista im obigen Link für 2023 nur 214 Mordopfer, aber
https://de.statista.com/themen/263/mord/#topicOverview schreiben sie (letztes Jahr)
In Deutschland gab es im Jahr 2023 durchschnittlich 0,8 Fälle von Mord je 100.000 Einwohner (versuchte und vollendete Taten). Die Mordrate ist somit hierzulande zwar weiter recht gering; die Anzahl der Mordopfer allerdings stieg im letzten Jahr auf 299
Diese Zahl wird auch
in dieser PDF vom Institut für forensische Psychiatrie Berlin mitgeteilt. Und nicht nur die Zahl der Morde:
Insgesamt gab es laut BKA im Jahr 2023 299 Mordopfer, zudem 1218 Fälle vollendeten Totschlags
Ja wassn nu? 214 oder 299? Oder auch 1517 Tötungsdelikte? Ich für meinen Fall war mal Zeuge (und betroffener Hinterbliebener) in einer Mordverhandlung, in welcher der Wiederholungstäter für die besonders grausame Tat (laut Weißem Ring zahlreiche Psychopathenmerkmale wie z.B. das Opfer mit dutzenden Messerstichen und kurzer Klinge besonders schmerzhaft und langsam zu töten) nur wegen Totschlags verurteilt wurde, weil die Sachlage (Mordmerkmale) nicht für Mord gereicht hätte. Und vom Strafmaß mußte er weniger als die Hälfte nur absitzen, weil er von seinem letzten "Totschlag" noch ne Reststrafe offen hatte.
Nimmt man mal die Totschläge mit, kann es wie 2023 mal eben
fünf mal so viele Tötungsopfer geben, als die Mordstatistik sagt.
Acht mal so viele, wenn wir die 214 Morde statt der 299 nehmen.
Aber fürs Mittelalter, da sind wir genauestens im Bilde.
Seit im Nachkriegsdeutschland die Mordfälle separat, also nicht zusammen mit den Fällen von Totschlag erfaßt sind, seit 1953, sieht der Gewalttatsrückgang wie folgt aus (Quelle, der Kripo.de-Bericht):

Bis zum Höchststand 1993 ein verdammt kontinuierlicher Anstieg, und trotz des deutlichen Absinkens seither noch lange nicht die Zahlen von 1953 erreicht. So also sieht der Gewalttat"rückgang" der letzten siebzig Jahre aus!
Sei mir nicht böse, aber da warte ich lieber - wie so oft - noch ein paar Jahre, bis das wieder mal gegengeprüft und korrigiert wird. Eh ich die Mittelaltermordstatistik mit nem heutigen goldenen Zeitalter einfach so schlucke.
Noumenon schrieb:Ich will mich nicht an einzelnen Begriffen aufhängen, es dürfte auch so klar sein, was gemeint war. Aber ja, "geistige Entwicklung" mag der passendere Begriff sein.
Schei* auf die Begriffe. Das zwanzigste Jahrhundert widerspricht der Tendenz noch immer.
Klar, Jeder, der beim Morden im 20.Jh. mitgemacht hat, ist natürlich von "übler Gesinnung", "geistig nicht so entwickelt", und darf also nicht mitberücksichtigt werden. Würde freilich dann auch für die Mittelaltermörder und den nichtmordenden "edlen" Mittelalterrest gelten.
Wie mans auch dreht, mit welchen Begrifflichkeiten man sich die Mär erhalten will, es ist und bleibt ne Mär.